Das alltägliche Objekt
Stephan Heym: 5 Tage im Juni (Roman)
Vor siebzig Jahren fand in der DDR ein Volksaufstand statt und noch heute begehen wir einen Gedenktag, um an den 17. Juni 1953 als ein zentrales Ereignis der deutschen Geschichte zu erinnern. Doch was genau hat es mit diesem Tag auf sich?
Von Berlin ausgehend erfasste am 17. Juni 1953 eine Welle des Protestes die DDR. Streiks, Protestmärsche und Kundgebungen fanden in nahezu jeder Stadt und auch auf dem Land statt. Das sowjetische Militär schlug den Aufstand gewaltsam nieder und etliche Menschen wurden in der Folge verhaftet. Wie kam es dazu und was waren die konkreten Folgen? Was macht den 17. Juni 1953 so wichtig für die deutsche Geschichte?
Genau diesen Fragen spürt Stephan Heym in seinem Roman 5 Tage im Juni nach. Das Werk zählt zur Gattung des Zeitromans und verarbeitet das reale Ereignis des Volksaufstandes. Beginnend mit dem 13. Juni 1953 rekonstruiert der Autor die Ereignisse, eingebettet in die Geschichte von fiktiven Charakteren. Die Handlung dreht sich um die Hauptfigur Martin Witte, der als Vorsitzender der Betriebsgewerkschaft im Volkseigenen Betrieb (VEB) Merkur tätig ist. Der Autor schildert konkret den Konflikt des Protagonisten mit der Entscheidung der SED, die Arbeitsnormen zu erhöhen, was letzten Endes auch in der Realität zum Aufstand führte. In einem weiteren Sinne geht es auch um den allgemeinen Konflikt des Protagonisten mit der Vorgehensweise der Partei. So werden Realität und Fiktion eindrucksvoll verflochten, was sich auch in anderen Werken des Autors so darstellt.
Das Werk Stephan Heims zählt in seiner Gesamtheit zu den wichtigsten und bedeutendsten Erzeugnissen der deutschen Nachkriegsliteratur. Geboren wurde Stephan Heym im Jahr 1913 in Chemnitz unter dem Namen Helmut Fleig als Sohn eines jüdischen Kaufmanns. 1933 floh er vor den Nazis nach Prag, übersiedelte zwei Jahre später in die USA. 1952 kehrte er nach Ost-Berlin zurück. 1974 erschien der Roman 5 Tage im Juni in der BRD. In der DDR wurde ihm die Veröffentlichung verwehrt, denn in der DDR wurde der Volksaufstand bis 1990 tabuisiert. International genoss Heym einen ausgezeichneten Ruf und hatte sich eine Position erarbeitet, in der er für die SED nahezu nicht angreifbar war. So avancierte er zu einem ihrer aktivsten und meistgelesenen Kritiker auf literarischem Feld. Eine Stellung, die andere Autoren aufgrund der repressiven Kulturpolitik der SED nie erreichten.
Haben wir Ihr Interesse geweckt? Vertiefende Informationen zum Volksaufstand vom 17. Juni 1953 finden Sie in unserer Sonderausstellung im Keller, die noch bis Juli zu sehen sein wird.
Quellen: Heym, Stephan: 5 Tage im Juni. München u.a. 1974.
Zündorf, Irmgard: Biografie Stefan Heym, in: LeMO-Biografien, Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, URL: http://www.hdg.de/lemo/biografie/stefan-heym.html
Tom Thieme: „Mehr als ein Weltliterat. Die Sonderrolle Stefan Heyms in der Ära Honecker“. 16.11.2011, Bundeszentrale für politische Bildung, URL: https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/53090/mehr-als-ein-weltliterat/?p=all
Marcel Fürstenau: Rezension zu: Stefan Heym: 5 Tage im Juni, URL:
https://www.kommunismusgeschichte.de/lesen/liesmich/article/detail/stefan-heym-5-tage-im-juni