Vortrag und Buchlesung „Die Weggesperrten“ von und mit Grit Poppe
Die Autorin Grit Poppe über Umerziehung von Kindern und Jugendlichen in der DDR
Alles andre als ein vorweihnachtliches Thema erwartete die Besucher am ersten Adventssonntag, als die renommierte Autorin Grit Poppe im DDR-Museum aus ihrem neusten Sachbuch „Die Weg-Gesperrten“ vorlas. Zusammen mit ihrem Sohn, dem Historiker Niklas Poppe, hatte sie etliche Berichte von Zeitzeugen zusammengetragen, die als Kinder oder Jugendliche Opfer des regiden Erziehungssystems staatlicher Jugendhilfeeinrichtungen geworden waren. Wenn Kinder in der DDR als unangepasst oder aufmüpfig auffällig geworden waren, wurden sie aus ihren Familien herausgerissen und in staatlichen „Spezialkinderheimen“, „Durchgangslager“ oder „„Jugendwerkhöfe“ eingewiesen, wo sie zu „sozialistischen Persönlichkeiten“ umerzogen werden sollten. Dabei sollte deren eigener Wille gebrochen werden, damit sie lernten, sich dem „Kollektiv“ unterzuordnen. Diese „Erziehung“ geschah mit äußerster Brutalität und Lieblosigkeit. Nicht selten wurde sogar die eigene Wohngruppe angehalten, den Zögling, der sich den Regeln widersetzte, körperlich zu drangsalieren. Die traumatische Erfahrung hatte Folgen, die das ganze weitere Leben der Betroffenen beeinflussen sollte.
In der anschließenden Diskussion wies Poppe auf Berichte in ihrem Buch über Erziehungsheime in westeuropäischen Ländern wie der Schweiz und der früheren Bundesrepublik hin, in denen Jugendliche in Heimen der staatlichen oder kirchlichen Jugendhilfe Opfer ähnlicher Menschenrechtsverletzungen geworden waren.
Grit Poppe und Niklas Poppe: „Die Weg-Gesperrten – Umerziehung in der DDR – Schicksale von Kindern und Jugendlichen“ Verlag Propyläen 2021, gefördert von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der DDR-Diktatur